Adolf Reichwein – Reformpädagoge und Widerstandskämpfer

Der am 03.Oktober 1898 in Bad Ems geborene Adolf Reichwein, absolvierte seine Schulzeit in Ober-Rosbach, Friedberg und Bad Nauheim. 1918 begann Reichwein ein Studium an der Universität Frankfurt, zwei Jahre später wechselte er nach Marburg und schloss sein Studium 1921 mit einem Doktortitel ab. In den 1920er und 1930er Jahren arbeitete Reichwein in Politik und Erwachsenenbildung und wurde 1930 an die neugegründete Pädagogische Akademie Halle als Professor berufen. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 wurde Reichwein entlassen.

Als Mitglied des Kreisauer Widerstandskreises gegen Hitler war Reichwein als möglicher Kultusminister vorgesehen. 1944 wurde Adolf Reichwein von der Gestapo verhaftet und am 20. Oktober 1944 von den Nazis in Berlin-Plötzensee erhängt.

Am 11. Mai 1962 erhielt die ARS Marburg in Anwesenheit von Frau Reichwein ihren heutigen Namen.

 

Die Adolf-Reichwein-Schule (ARS) heute

Die Adolf-Reichwein-Schule Marburg, eine große berufliche Schule mit sechs verschiedenen Schulformen und vielen beruflichen Schwerpunkten im technisch-naturwissenschaftlichen Bereich, verbindet heute in der Tradition ihres Namensgebers Theorie und Praxis in der unterrichtlichen Gestaltung.

Handlungsorientierte und projektbezogene Unterrichtsgestaltung, wie sie auch Reichwein in seinen pädagogischen Versuchen und wissenschaftlichen Veröffentlichungen vertrat, spielen heute ganz selbstverständlich in unserer schulischen Realität eine entscheidende Rolle. Alle an der ARS vertretenen Bildungsangebote beinhalten einen umfangreichen praxisorientierten Teil. Ob in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung (BzB) oder im Beruflichen Gymnasium, eine Verbindung von theoretischen Grundlagen und praktischer Anwendung des Erlernten ist stets von großer Bedeutung. In der Produktionsschule, die die ARS gemeinsam mit dem Verein “Arbeit und Bildung“ betreibt, sollen projektorientierte Ansätze Jugendlichen, die Leistungsschwächen oder Lernbeeinträchtigungen haben, sowie generell Jugendlichen mit schlechten Chancen auf eine Ausbildung, einen Einstieg in den Arbeitsmarkt oder Bildung erleichtern. Aber auch in den Werkstätten und Laboren der Höheren Berufsfachschule spielt eine praxisorientierte Ausbildung, die in den vier Bereichen Biologietechnik, Chemietechnik, Informationstechnik und Gestaltungs- und Medientechnik mit einem vollschulischen Berufsabschluss endet, eine wesentliche Rolle.

Und auch eine weitere Idee, die zentral für Reichweins pädagogisches Verständnis war, prägt unsere schulische Realität bis heute stark. Ein Bildungsangebot für alle gesellschaftlichen Gruppen zu machen, ein Bildungssystem zu konzipieren, das durchlässig ist, war für Reichwein wichtig. An der ARS können Bildungskarrieren in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung (BzB) oder Praxis und Schule (PuSCH) ohne einen Hauptschulabschluss beginnen und in der Fachoberschule oder dem Beruflichen Gymnasium mit einer Hochschulzugangsberechtigung enden. Entsprechend ihrer persönlichen Stärken und Fähigkeiten und unterstützt von sozialpädagogischer Betreuung und schulischen Fördermöglichkeiten können Jugendliche neue Wege und Zugänge zu Arbeit und Bildung finden, ganz im Sinne Reichweins.

Timo Steinert + GEW-Schulgruppe der ARS